Durch Influencer 280 Millionen Dollar umgesetzt

Dieter Bohlen, Daniela Katzenberger, Bibisbeautypalace und andere werben für Coin Master – Millionen App-Downloads sind die Folge

Vielleicht ist Euch die App Coin Master in den vergangenen Tagen und Wochen auch schon auf Facebook, Youtube oder Instagram begegnet: Mit relativ trashigen Video-Ads rund um Dieter Bohlen, Daniela Katzenberger, Bibi von Bibiybeautypalace, Pietro Lombardi und weitere Influencer flutet das israelische Unternehmen Moon Active die Plattformen. Die Folge: In den App Stores liegt Coin Master in den Top 5 der beliebtesten Spiele – und verzeichnet Millionen Downloads. Wir zeigen, wie teuer die Kampagnen wohl sind und mit welchen zweifelhaften Methoden der Umsatz der App zustande kommt.

Dieter Bohlen sitzt in einer Interview-Situation vor der Kamera und erzählt, wie er beim Spielen von Coin Master ruhig bleibt – nur um am Ende zu meckern, wenn das Dorf, das er im Spiel errichtet hat, von einem Gegenspieler angegriffen wird. Diese und ähnliche Video-Ads mit weiteren bekannten Gesichtern schaltet das israelische Unternehmen hinter Coin Master, Moon Active, derzeit massiv auf Facebook, Instagram und Youtube. Allein in Deutschland wurde die App auf Android und iOS fast vier Millionen Mal heruntergeladen – nur im Juni 2019 1,9 Millionen Mal. Die Werbeoffensive scheint also zu funktionieren.

Bohlen, Katzenberger und ein eigener „Song“ von Pietro

Das Prinzip der Coin-Master-Kampagne mutet in Sachen Umsetzung der Ads zwar extrem trashig an, dürfte aber genau bei der Zielgruppe für Neugier sorgen. Da liegt Daniela Katzenberger mit ihrem Mann Lucas Cordalis im Bett und regt sich darüber auf, dass er ihr Dorf in Coin Master angreife. Oder Pietro Lombardi nimmt gerade ein Musikvideo für seinen Coin-Master-Hit „Ole Ole Ole“ auf („Ich greif dich an, du greifst mich an. Ich bin der Coin Master“) – wird dabei aber von „Hans“ angegriffen. Coin-Master-Entwickler Moon Active baut immer auf eine Kombination aus Influencer-Testimonial und Media-Kampagne. Und genau das scheint sich auszuzahlen.

Im ersten Schritt produziert Moon Active klassische Werbespots für die verschiedenen Plattformen und spielt sie dann in den entsprechenden Längen in den Newsfeeds, Stories oder als Pre-Roll-Ads bei Youtube aus. Ein Blick in die geschalteten Ads bei Facebook zeigt, dass die Coin-Master-Seite (mehr als 5,5 Millionen Fans auf der Plattform) etwa 180 Anzeigen in Deutschland laufen lässt. Bei Instagram sind es 75 Feed- und 74 Stories-Ads. Und auch auf Youtube scheint Moon Active im großen Stile Werbung zu schalten – das zeigen unzählige Reaktionsvideos großer Youtuber wie Unge (allein sein Reaktionsvideo kommt auf über 440.000 Views).

Influencer-Marketing mit den Werbespots

In einem zweiten Schritt posten die Influencer die Ads auch organisch auf ihren Kanälen und erreichen so Hunderttausende ihrer Fans. Bibi von Bibisbeautypalace (über 5,6 Millionen Abonnenten auf Youtube) geht noch einen Schritt weiter und erzählt in einem ihrer Videos – so als gehöre es zu ihrem Tagesablauf – von ihren Coin-Master-Erlebnissen. Natürlich spielt aber auch sie in einem unfreiwillig komischen Werbespot mit. Influencer Experte Sven Wedig, Gründer und CEO von Vollpension Medien, sagt gegenüber OMR, dass allein die Platzierung in einem Video von Bibi Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich ausgelöst haben dürfte.

Wie viel eine komplette Kampagne inklusive Video-Ads und Verlängerung auf den Plattformen koste, könne er so pauschal aber nicht sagen. Wenn aber allein eine Platzierung in einem Video von Bibi fünfstellig kostet und dazu noch Videodreh und Bezahlung der Anzeigen kommt, dürfte jede Kampagne mit den Influencern in Richtung deutlich sechsstelliger Kosten gehen. Der Youtuber Mois rechnet bei Dieter Bohlen mit etwa 200.000 Euro Ausgaben für das Sponsoring.

Glücks- statt Strategiespiel

Aber worum geht es überhaupt in dem Spiel Coin Master? Um es kurz zusammenzufassen: Es geht darum, dass Moon Active sehr viel Geld verdienen will. Denn anders, als es die Werbespots mit den TV-Gesichtern und Influencern versprechen, dreht sich Coin Master weniger um das Angreifen von Dörfern der eigenen Freunde oder Ehemänner. Vielmehr steht eine Art einarmiger Bandit im Mittelpunkt, den der Spieler betätigen muss, um Coins (die Währung im Spiel) zu sammeln. Mit diesen Coins kann jeder dann sein Dorf bauen, wobei die Errichtung von Gebäuden keinen weiteren Sinn ergibt, außer das nächste Level zu erreichen. Auch hier muss dann wiederum ein Dorf aufgebaut werden. Und mittendrin immer die Coin-Maschine. Das Spiel ist auch nicht neu, bereits seit 2015 ist Coin Master auf dem Markt. In Deutschland gehen die Downloads aber erst seit der neuesten Kampagnen so richtig durch die Decke.

Die von den Influencern angesprochenen Angriffe auf die Dörfer von Freunden spielen eine untergeordnete Rolle und dienen auch nur dem Ziel, weitere Coins zu erhalten. Am Ende soll Coin Master die Spieler süchtig danachmachen, in das nächste Level aufzusteigen (es gibt über 200) und immer wieder an der Slot-Maschine sein Glück zu versuchen. Beides ist nur unter Einsatz von Coins oder viel Zeit möglich. Spieler müssen zum Teil eine Stunde warten, um die Slot-Maschine fünf Mal bedienen zu können, oder sie schauen Werbespots. Wer keine Geduld hat, kann sich Coins mit echtem Geld kaufen. Ein Paket aus Coins kostet zwischen 1,09 Euro und 350 Euro.

Richtig perfide wird es bei den Haustieren, die in späteren Leveln dazu kommen. Die brauchen ständig Futter, und das können die Nutzer nicht mit Coins bezahlen, sondern nur mit echtem Geld. In den Bewertungen beschweren sich außerdem viele Spieler, dass sie zum Start an der Slot-Maschine noch viel Glück gehabt und häufig drei gleiche Symbole erzielt hätten. Später habe der Erfolg merklich nachgelassen. In höheren Leveln sind aber mehr Coins zum Aufbau der Dörfer nötig. Wenn die an der Slot-Maschine schwerer zu verdienen sind, bleibt für Spieler, die dran bleiben wollen, nur, echtes Geld auszugeben.

Allein In-App-Bezahlungen bringen riesigen Umsatz

Wegen dieses Spielprinzips kann sich Moon Active seine teueren Influencer Marketing-Kampagnen leisten. Laut Schätzungen des Analyse-Tools Priori Data hat das Unternehmen mit dem Spiel bislang über 280 Millionen US-Dollar Umsatz gemacht. Alleine im Juni 2019 haben deutsche Spieler laut Priori Data sechs Millionen Dollar bei Coin Master ausgegeben. All diese Zahlen ergeben sich nur aus In-App-Käufen für Coins oder Futter. Darüber hinaus dürfte auch die Werbung, die Spieler sehen, wenn sie keine Coins für eine weitere Runde an der Slot-Maschine ausgeben wollen, weiteren Umsatz bringen. Bei einer Stichprobe stammte ein Großteil dieser Werbespots aus der Glücksspielbranche.

Coin Master Statistiken

Die globalen Downloads und Umsätze von Coin Master im Juni 2019 (nur Google Play Store) (Quelle: Priori Data)

Vor allem im deutschsprachigen Raum könnten diese Zahlen durch den aktuellen Hype weiter wachsen. Im Juni sind die Download-Zahlen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei iOS um jeweils über 700 Prozent im Vergleich zum Vormonat explodiert. Bei Android liegt die Steigerung in Deutschland bei über 350 Prozent, in der Schweiz sogar bei fast 950 Prozent. Obwohl die Influencer-Kampagnen einen großen Teil der Downloads geliefert haben dürften, bringt die aktuell gute Platzierung des Spiels in den Charts der App Stores weitere neue Spieler. Dabei kann man sich zumindest über die Durchschnittsbewertung in beiden Stores von 4,5 Sternen wundern. In Googles Play Store kamen zuletzt offenbar nur 1- oder 2-Sterne-Bewertungen dazu. In Apples App Store sind auch offensichtlich negative Bewertungen mit fünf Sternen versehen.

Social Casinos als Gelddruckmaschinen?

Der Erfolg von einem Spiel wie Coin Master zeigt – egal mit welchen Marketing-Maßnahmen erkauft – wie viel Potenzial in der sogenannten Social-Casino-Branche steckt. Apps aus diesem Genre zeichnen sich durch typische Kasino-Spielmechanismen aus. Im Fall von Coin Master ist das die Slot-Maschine. Auf diese werden dann Social-Aspekte (Dörfer von anderen Spielern angreifen) aufgesetzt. Vor allem aber können die Spieler ihr Geld bei Social-Casino-Games nicht zurück gewinnen. Laut einer Studie machte allein die Social-Casino-Branche im Jahr 2018 einen Umsatz von 5,2 Milliarden US-Dollar.

In dieser Branche zählt Coin Master zu den disruptiven neuen Playern. Mit der ganzen Verschleierung des eigentlichen Spielkerns rund um die Slot-Maschine, kann das Spiel neue Zielgruppen ansprechen, die mit klassischen Kasino-Spielen nichts hätten anfangen können. Problematisch ist dabei, dass Moon Active durch den Comic-artigen Stil des Spiels und das Einspannen von Influencern mit vielen jungen Fans auch minderjährige Spieler anziehen dürfte.

Quelle: omr.com

Die (teure) WAHRHEIT über BIBI!

KINDERLEICHT ZU INSTALLIEREN

“Kostenlose Apps finanzieren sich oft über Werbung. Besonders nervend sind auch die Abofallen, getarnt durch Werbeeinblendung. Immer wieder gehen Smartphone-Nutzer Abzockern auf den Leim – vor allem in Spiele-Apps. Besonders Kinder und Jugendliche sind gefährdet.

YouTube wird gerade mit Coin Master Werbung geradezu überflutet! Bekannte Influencer machen mit und präsentieren die App auf ihren Kanälen. Warum das so ist, das haben Kim und Robert vom SR-Youtube Kanal ‘offen un’ ehrlich’ recherchiert.

WENN YOUTUBE STARS WERBUNG MACHEN

BibisBeautyPalace ist eine der am meisten abonnierten YouTuberinnen in Deutschland und sie sorgt immer mal wieder für Aufregung. Diesmal macht Bibi Werbung für eine kostenlose App ab 12 Jahren, sie heißt Coin Master. Diese App ist sehr fragwürdig, weil sie in Verbindung mit Glücksspiel steht. Es geht um undurchsichtige Bezahlmodelle und jede Menge Tricks, um die Abonnenten bei Laune zu halten.

Das SR-YouTube Format ‘Offen un’ ehrlich’ hat sich damit beschäftigt und ein Video gedreht, das das Ganze ziemlich genau auf den Punkt bringt und diese App kritisch betrachtet.

COIN MASTER UNTER DER LUPE

Eine Woche haben sich die YouTuber Kim und Robert zum Coin Master ausbilden lassen und die App getestet.

Erster Eindruck: WOW! Schöne Grafiken! Alles so bunt und lustig!

Zweiter Eindruck: Man kann hier eigentlich nicht viel machen, außer an einer Slot Machine Münzen zu erspielen. Die steckt man dann in den Ausbau seines Dorfes. Sieht bei Bibisbeautypalace und Simon Desue ‘suuuuuperspaßig’ aus, wenn man allerdings als normaler Mensch Coin Master spielt, ist der Spaß irgendwann vorbei. Denn bei Coin Master hat man nur eine begrenze Anzahl an Drehversuchen für seine Slotmachine. Sind die aufgebraucht, heißt es warten oder Drehs kaufen.

Dritte Erkenntnis: Wie viel Euro man tatsächlich für 1 Million Spielmünzen bezahlen muss, weiß niemand. Vielleicht wissen es Bibisbeautypalace und Simon Desue, aber wir haben es auch trotz vieler Berechnungen nicht zu 100 Prozent herausgefunden. Um Coin Master weiterspielen zu können, haben wir uns also Werbung angeschaut.

Vierte Erkenntnis: Hier laufen jede Menge Werbespots für Online-Casino, also richtiges Glücksspiel. Denn deren Investoren ballern ihr Geld aktuell auch in Apps wie Coin Master.”

Quelle: Sr.de

Verfahren gegen die Spiele-App eingeleitet

“Jan Böhmermann berichtete in seiner Sendung Neo Magazin Royale über die gezielte Glücksspiel-Ansprache an Jugendliche. Jetzt wurde die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aktiv.

Köln. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat ein Verfahren gegen die Spieleapp “Coin Master” eingeleitet. Sie reagiert damit auf zahlreiche Anträge und Beschwerden, die bei der Prüfstelle eingegangen waren. Die als Abenteuerspiel beworbene App bediene sich glücksspielartiger Mechanismen und verleite Minderjährige dazu, viel Geld für das Spiel auszugeben. Jan Böhmermann hatte den Anstoß zur Prüfung des Online-Spiels gegeben.

Jan Böhmermann ruft Zuschauer zum Handeln auf

Der Satiriker selbst konnte zwar keinen Antrag stellen – das dürfen nur Ämter oder Bildungseinrichtungen -, rief in seiner Sendeung Neo Magazin Royale aber alle Berechtigten dazu auf. “Wenn Sie bei der Polizeibehörde arbeiten oder beim Zoll, beim Finanzamt oder sogar Ordnungsamt, wenn Sie als Lehrer an der Schule oder in einer anderen staatlichen Bildungs- oder Jugendeinrichtung arbeiten:  Sie können bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien einen Antrag auf Indizierung von simulierten Glücksspiel-Apps stellen.”

Dieser Aufforderung sind etliche Zuschauer in diesen Ämtern nachgekommen, sodass sich die Prüfstelle nun mit diesem für sie eher ungewöhnlichen Fall befassen muss. Die Gefährdung ergibt sich hier nämlich nicht aus einem gewaltverherrlichenden oder pornografischen Inhalt, sondern liegt beim Geschäftsmodell.

Das Spiel verleitet zum Geld-Ausgeben

Doch worum geht es bei “Coin Master” eigentlich? Das Spiel ist relativ simpel. In verschiedenen Umgebungen sollen Dörfer aufgebaut werden – Level um Level baut man sich so nach oben, wenn ein anderer Spieler einen nicht angreift und das Dorf zerstört. Für die Spielzüge benötigt man Spiel-Münzen, die über einen Spielautomaten, einen einarmigen Banditen, gewonnen werden. “Fünf Mal kann man drehen”, erklärt Böhmermann. Danach muss eine Stunde gewartet werden – oder man kauft sich durch reales Geld weitere Drehversuche und Items.

Monatelang war “Coin Master” vom Entwickler Moon Active auf Platz eins der Online-Spiele-Charts und wurde weltweit über 50 Millionen Mal heruntergeladen. Das kommt nicht von Ungefähr: In Deutschland wird die Spiele-App von bekannten Promis beworben: Daniela Katzenberger mit Ehemann Lucas Cordalis, dem Youtube-Star Simon Desue, der Influencerin Bibi – jedes vierte Kind unter 14 Jahren kennt sie – oder auch Dieter Bohlen.

Groß angelegte Bewerbung durch deutsche Promis

“Mega”, befindet Böhmermann in typischer Bohlen-Manier. Es würde ihn nicht wundern, wenn jetzt noch Pietro Lombardi dazukäme und einen Coin Master-Song singe. “Schau mich an, ich bin der Coin Master”, singt dieser im eingeblendeten Video-Schnipsel zugleich drauf los – zu der gewohnten Gitarrenmusik mit Samba-Rhythmik.

“Das ist so ein Werbespot, der einen mit so einem ganz besonderen, so einem ganz ungewöhnlichen Gefühl zurücklässt”, sagt Böhmermann. Einerseits bekomme man Lust, sexy zu tanzen, andererseits eben auch Ekel.

Süße Tierchen, coole Comic-Figuren – doch kein Spiel für Kinder

Die kindgerechte Aufmachung des Spiels mit seinen süßen Haustieren, die gefüttert werden wollen, und den coolen Comic-Figuren, richtet sich offensichtlich an Kinder und Jugendliche. Wie darf das sein? Noch bis vor Kurzem gab es bei dem Spiel nicht einmal eine Altersbeschränkung. Mittlerweile wurde sie auf 17+ geändert – ob das Kinder und Jugendliche aber davon abhält, das Spiel zu spielen, darf stark bezweifelt werden.

Dass bislang keine strengeren Einschränkungen unternommen wurden, liegt auch daran, dass das Spiel nicht zu den Glücksspielen gezählt werden kann. “Echtes Glücksspiel  zeichnet sich durch drei Merkmale aus: Geldeinsatz, Geldgewinnmöglichkeit und ein Spielausgang, der auf Zufall basiert”, wird Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen, bei Neo Magazin Royale zitiert.

Bei Coin Master handele es sich um eine Art simuliertes Glücksspiel. Hier fehle mindestens eine dieser Eigenschaften. Richtig, denn hier werde zwar echtes Geld ausgegeben, doch kein echtes Geld gewonnen, so Böhmermann. Zudem könne der Spielebetreiber selbst steuern, ob der Spieler am Automaten Münzen gewinnt – das alles habe sogar noch weniger mit Glück zu tun als echtes Glücksspiel, so Böhmermann weiter. Fun-Fact am Rande: Level 205 Level sei die Spielhalle.”

Quelle: nw.de